Im Zuge der Weltwirtschaftskrise gibt es inzwischen – wenn auch nur zaghafte – Ansätze einer Diskussion über unser westliches Wirtschaftssystem. Eines der großen Dogmen des kapitalistischen Wirtschaftssystems ist das „Wachstum“. Ohne Wachstum funktioniere unser System nicht – dies ist auch die Essenz des Artikels „Der unsichtbare Gott – Warum es keinen krisenfesten Kapitalismus geben kann“ von Burkhard Müller in der SZ vom 03.07.2009.
Ohne Wachstum kann unser Wirtschaftssystem nicht funktionieren; und zwar deswegen nicht, weil jede Produktion in ihm an den Einsatz von Kapital gebunden ist.
Ein gewöhnliches ausgewachsenes Lebewesen aber gibt sich damit zufrieden, seine Existenz zu erhalten. Das Kapital jedoch kann nur leben, indem es dank des Mehrwerts wächst. Wo kein Mehrwert, da kann es sich als Kapital nicht halten, es fällt zurück in das alte tote Hort- und Schatzgeld, aus dem es irgendwann einmal hervorgegangen ist, oder es fällt gänzlich der Vernichtung anheim. Dass dieser Mechanismus funktioniert, ist die Bedingung für allen Fortschritt in Technologie, Wohlstand und Komfort gewesen, den wenigstens dieser Weltteil in den letzten zweihundert Jahren erlebt hat.
Er vergleicht das Kapital mit einer Welle, die sich dem Land nähert. Überschüssiges Kapital (der Kamm der Welle) suche sich zuerst sichere Anlagen, seien diese bereits besetzt, kämen unsichere Anlagen zum Zuge. Dies destabilisiere die Welle, die schlußendlich dann in sich zusammenbreche – Wirtschaftskrise. Nach einer Phase der Konsolidierung käme dann langsam die nächste Welle … und so weiter.
Das bedeutet im Endeffekt doch nichts anderes, als dass wir in einem ewigen Kreislauf gefangen sind, aus dem wir uns nicht befreien können – es sei denn, wir stellen unser derzeitiges System in frage. Und es ist m.A. nach auch höchste Zeit, dass eine „Welle von Diskussionen“ entsteht, die nach einem menschlicheren Gesicht unseres Wirtschaftssystems (und damit letztlich unserer Gesellschaft) suchen.
Ein Schritt in diese Richtung ist das Glossar der Krise von Peter Körte in der FAZ vom 17.07.2009 zum Thema „Wachstum“:
Das Wachstum als Inbild des Wünschbaren, als wichtigstes Mittel zur Gesundung der Wirtschaft ist weiter in Umlauf, obwohl es schon im Keim die Grenze enthält, weil Bäume sich ebenso wie Investitionen, Renditen und Umsätze nur bis zu dem Punkt entwickeln, an dem die Voraussetzungen ihrer Entwicklung beschädigt werden.
Unsere Welt ohne Wachstumsvorgaben von z.B. 25% jährlich, ohne den Wahn, immer vorwärts, immer weiter, weiter, weiter – ob es einmal wirklich soweit kommt?